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UVP-G 2000: Novelle 2022

03. November 2022

Am 19. September 2022 endete die Begutachtungsfrist für die UVP-G Novelle: neben den zentralen Themen wie Klimafreundlichkeit, Energiewende und Bodenverbrauch haben auch Maßnahmen hinsichtlich der Verfahrensbeschleunigung Eingang in die geplante Gesetzesänderung gefunden.

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(Quelle: Oö. Umweltanwaltschaft; Johanna Schmöller)

Grundsätzlich sind die Änderungen - in Anbetracht des anhängigen EU-Vertragsverletzungsverfahrens, aber auch in Bezug auf die Verbesserung des Klimaschutzes und der Minimierung des Bodenverbrauchs - gute Ansätze. Beim Boden- und Klimaschutz fehlen jedoch konkrete Zielfestlegungen (zB. Versiegelungsminimierung, Entsiegelungs- und Kompensationsgebot) und Zielwerte (zB. maximaler Versiegelungsgrad, Ausgleichsmaßnahmen für Neuversiegelungen), um im Verfahren irgendwelche konkreten Wirkungen zu entfalten.

Allerdings gehen mit der Novelle auch weitreichende Probleme einher: So läuft man mit der geplanten Beschleunigung des Ausbaus der Windkraftanlagen Gefahr, dass man die Energiekrise gegen die Biodiversitätskrise ausspielt. Beim Konzept der Ausgleichsmaßnahmen - und der grundsätzlichen Möglichkeit des auch finanziellen Ausgleichs - fehlen gleichzeitig substantielle Festlegungen, um die Abwicklung und Sicherung der Kompensationsmaßnahmen zu ermöglichen. Voraussetzung für die in der Novelle angedachte Ausgleichsregelung ist die Schaffung bestimmter Strukturen, die die Verfügbarkeit von Ausgleichsflächen für Vorhaben erhöhen, die ordnungsgemäße Durchführung und Nachsorge/Pflege sicherstellen und die für andere Verfahren Status und Lage von Ausgleichsflächen transparent machen. Es braucht somit ein bundesweit agierendes Öko-Konto, Pflegeverbände und einen bundesweiten Ausgleichsflächenkataster. Dazu sind im UVP-G die Grundsatzfestlegung und eine Verordnungsermächtigung zu verankern sowie abschließende Details in Ausführungsverordnungen festzulegen.

Im Hinblick auf die geplante Verfahrensbeschleunigung wird kritisch gesehen, dass die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen ist, Präklusionsbestimmungen zur Anwendung kommen sowie Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ins nachfolgende Verfahren verlagert werden sollen.

In bestimmten Bereichen der jeweiligen Tatbestände aus Anhang I besteht ebenso Verbesserungsbedarf – wünschenswert wäre etwa die Ergänzung um eine Verfahrenskonzentration bei Infrastrukturprojekten des 3. Abschnittes, um durch koordinierte Verfahren und gleiche Sachverständigenpools ein Maximum an Verfahrenskonzentration zu generieren.

In der Abfallwirtschaft sollte zudem auch für Bodenaushub in Z 2 lit d ein Schwellenwert von 1.000.000 m3 festgelegt werden.

Ebenfalls schlägt die Oö. Umweltanwaltschaft eine UVP-Pflicht für Solarparks ab 30 ha, in Schutzgebieten der Kategorie A und B ab 5 ha, vor.

Bei Seilbahnen nach Z 10 ist des Weiteren außerhalb der Ausflugsgebiete, wie etwa im städtischen Bereich, hinsichtlich des Personentransports eine Regelung zu überlegen.

Im Bereich der Erschließung von Schigebieten ist die Neuregelung der Schwellenwerte für die schitechnische Neuerschließung und für Speicherteiche ein Schritt in die richtige Richtung, bildet aber die aktuellen Entwicklungen im Bau von Speicherteichen und der energiefressenden Realität der Beschneiungsanlagen unzureichend ab. Eine Reduktion des Schwellenwertes für Beschneiungsanlagen auf 150.000 m³ (bzw. 75.000 m³ in geschützten Gebieten!) ist daher aus unserer Sicht erforderlich.

Weiters ist es nötig, bei den Freizeit- und Vergnügungsparks die Ergänzung „Sportanlagen“  einzuführen, da auch Bogensport-Parcours, Hochseilgärten, Downhillstrecken etc. ab einer bestimmten Größe von der Bewilligungspflicht nach UVP-G erfasst werden sollen.

Im Zusammenhang mit Logistikzentren ist zu sagen, dass die Definition zu eng gefasst ist und hier Klarstellungen erforderlich sind.

Auch was Beherbergungsbetriebe betrifft, scheint eine Verringerung des Schwellenwertes der Bettenanzahl unvermeidbar, da sich besonders in naturschutzfachlich und landschaftlich sensiblen Gebieten „exklusive Projekte“ mit geringerer Bettenzahl häufen.

Beim Tatbestand der öffentlich zugänglichen Parkplätze wäre es zu begrüßen, wenn vom Merkmal der öffentlichen Zugänglichkeit abgegangen wird, denn bisher führte die geübte Praxis der Deklarierung „für bestimmte Nutzungen reservierter Parkplätze“ zur Umgehung der UVP-Pflicht. Vorgeschlagen wird vielmehr die Möglichkeit, weniger oft
frequentierte Parkplätze mit einem Gewichtungsfaktor kleiner 1 mit den öffentlich zugänglichen
Parkplätzen mit einem Gewichtungsfaktor 1 zusammenzuzählen, um so eine der Gesamt-
Umweltbelastung entsprechende äquivalente Parkplatzanzahl zu ermitteln und diese dem
Schwellenwertkonzept zugrunde zu legen.

Terminologische Nachschärfungen bzw. Konkretisierungen sind auch im Hinblick auf das Kriterium des Bodenverbrauchs - wie bereits oben - erwähnt geboten: Die Minimierungsanforderung im Entwurf der vorliegenden UVP-G-Novelle ist nur vage formuliert, was eine konkrete Anwendung schwierig bis unmöglich macht.

Da es in der Vergangenheit unterschiedliche Rechtsauffassungen hinsichtlich des Entnahmebegriffes und ob dieser Tatbestand denn auch Vorhaben miteinschließt, welche nicht MinroG-pflichtig sind, gab, ist auch hier eine Klarstellung im Gesetz oder im Leitfaden vorzunehmen.

Weiters ist es zielführend, bei Bewässerungen nach Z 36 die Schwellenwerte auf 1.000
ha bzw. 250 ha und bei Anlagen zum Halten und zur Aufzucht von Tieren die Schwellenwerte für Truthühner auf 10.000 zu reduzieren. Ebenso sind bei Rindern separate Schwellenwerte für Mastrinder und Milchkühe fachlich gerechtfertigt.

Und zu guter Letzt besteht Bedarf an näheren Ausführungen zu internationalen Umweltverträglichkeitsprüfungen, denn bisher wurden bzw. sind die Auswirkungen UVP-pflichtiger Vorhaben im Ausland nicht ausreichend im nationalen UVP-G erfasst.

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