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Windkraft in Oberösterreich – Möglichkeiten und Grenzen

20. Juli 2023

Die Oö. Umweltanwaltschaft hat BirdLife mit der Studie „Das Konfliktpotenzial zwischen Windkraftnutzung und Vogelschutz in Oberösterreich 2023“ beauftragt und die Ergebnisse im Rahmen einer Pressekonferenz am 26.06.2023 vorgestellt. Gleichzeitig hat die Umweltanwaltschaft aus Sicht des Natur- und Menschenschutzes die Möglichkeiten der Windkraftnutzung fachlich abgesteckt.

Windkraftanlage und Holzstoss

(Quelle: Hans Kosina, Land )

In der oben erwähnten Studie werden alle im Bundesland regelmäßig vorkommenden Vogelarten nach internationalen und nationalen Kriterien beurteilt. Diese Bewertungen orientieren sich einerseits an der Risikoanfälligkeit der Arten gegenüber Windkraftanlagen (WKA) und andererseits an ihrem Schutzbedarf im europäischen und bundesweiten Kontext.

Zur Festlegung von 19 Tabuzonen wurden von den ca. 290 im Bundesland regelmäßig vorkommenden Arten, nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen nur jene 25 Arten der Roten Listen ausgewählt (8,6% aller Arten), deren Lebensräume und Populationen nachweislich von Windkraftanlagen stark beeinträchtigt werden können.

Die ebenfalls ausgewiesenen Vorbehaltszonen sind Kernvorkommen von Brutvögeln mit fallweise hoher Signifikanz (Schleiereule, Steinkauz, Kiebitz) sowie für bekannte Rast- und Überwinterungsgebiete sind keine Ausschlusszonen ausgeschieden worden, aber Zonen, die bei Vorhaben eine genauere Prüfung benötigen.

Beim Vogelschutz geht es nicht darum, jeden einzelnen Brutplatz als Verhinderungsgrund einer Windkraftanlage zu betrachten, sondern es geht um den Schutz von Kernvorkommen und Kernzonen.

Ein zweiter Aspekt ist der Vogelzug, insbesondere im windkraftsensiblen Höhenbereich über Grund bis 200 m Höhe (im Herbst) ein gebietsweise sehr starkes Vogelzugaufkommen aufweist.

Bei aller Diskussion um neue Stromerzeugungsanlagen darf nicht vergessen werden: Eine höhere Energie-Effizienz und die Verringerung der Verluste entlang der ganzen Energieumwandlungskette müssen vor der Errichtung neuer Erzeugungsanlagen kommen. Energiewende muss zu allererst einer Verkehrswende (Mobilität und Transport) und einer Wärmewende sein.

Es steht außer Diskussion, dass Oberösterreich – auch als Industrieland – einen entsprechend großen Beitrag zur Transformation des Energiesystems leisten muss. Die Gewichtung der Beiträge in verschiedenen Erzeugungssektoren – ob Wind, PV, Wasser, Biomasse, Speicherung etc. – muss aber angesichts der Realsituation diskutierbar und abänderbar sein, auch wenn es – wegen der unterschiedliche Erzeugungscharakteristik unterschiedlicher Energieträger – ein wenig ein Vergleichen von Äpfeln mit Birnen ist. Die Planungen und Zuteilungen der Ausbauziele auf Bundesländerebene bedürfen eines Realitäts-Checks auf Basis aktueller Interessenslagen.

In Oberösterreich weht der Wind eher mäßig, und eher auf konfliktreichen Flächen: Etwa 90% der Landesfläche scheiden als Windkraftanlagen-Standorte allein auf Grund des „Menschenschutzes“ (1000 m-Abstand zu bewohnten Objekten - Lärm, Eis- und Schattenwurf) und nicht wegen des Natur-, Arten- oder Landschaftsschutzes aus! Zum Vergleich: Nur 34% der Landesfläche sind Tabuzonen aus Sicht des Vogelschutzes und weniger als 10% auf Grund von Naturschutzgebieten und Nationalparks. Dass der Naturschutz alles verhindert, ist ein Märchen.

Die Windkraftnutzung in Oberösterreich hat also ein Siedlungsstrukturproblem, und kein Naturschutzproblem!

90% der Landesfläche scheiden also derzeit wegen der bestehenden Siedlungsstruktur und dem Übermaß an Streulagen aus. Will man neue Standortflächen für die Windkraftnutzung eröffnen, muss man entweder beim Lärmschutz Abstriche machen oder neue Windkraftanlagen bauen, die leiser sind und kein Eiswurfproblem haben, oder Einzelobjekte absiedeln: vergleichbar mit Absiedlungen bei Hochwasserschutzprojekten.

Auch wenn Vorhaben der Energiewende hohes öffentliches Interesse haben, hebeln die Interessen der Energiewende und des Klimaschutzes nicht alle anderen Interessen - wie die des Naturschutzes und des Landschaftsschutzes - automatisch aus! Natürliche Lebensräume, Rückzugszonen und Erholungsgebiete sind rar und nicht beliebig vermehrbar! Nimmt man Artenschutz (Vogelschutz, Wild-Ruhezonen, internationale Wildtierkorridore) ernst, ist das Ausbauziel +0,4 TWh für – auch mit ökologischen Ausgleichsmaßnahmen – nicht haltbar. Noch viel weniger haltbar ist dieses Ziel unter dem Aspekt des Landschaftsschutzes und des Tourismus.

Windkraftanlage und Holzstoss Quelle: Hans Kosina, Land

Sonntag, 25. Juni 2023

PRESSEKONFERENZ am 26.6.2023: „Windkraftnutzung in Oberösterreich – Möglichkeiten und Grenzen“

BirdLife Österreich zeigt in seiner neuesten Studie das Konfliktpotenzial zwischen Windkraftnutzung und Vogelschutz für unser Bundesland auf. Die Basis dafür stellen die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie 1,5 Mio. gesammelte Vogeldaten dar.