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Entscheidung des BVwG Wien zur Frage der UVP-Pflicht des geplanten Gewerbeparks der VGP in Ohlsdorf

01. Oktober 2023

Bereits in den vergangenen Monaten hat die Umwidmung zu einem Betriebsbaugebiet nördlich der Westautobahn A1 und die Rodung auf einer Fläche von ca. 18 ha in der Gemeinde Ohlsdorf hohe Wellen geschlagen. Aber nicht nur Wald wurde gerodet, auch Kies wurde in beträchtlicher Menge – bis zu einer Tiefe von 6 m – abgebaut. Die Oö. Umweltanwaltschaft hat diesen Sachverhalt und eine aus unserer Sicht erforderliche UVP-Pflicht aufgrund der Kiesentnahme in einem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht prüfen lassen.

Baggerungsarbeiten

(Quelle: Land Oö.)

Vorangegangen ist der Bescheid der Oö. Landesregierung mit dem festgestellt wurde, dass das Vorhaben – Bauvorhaben „VGP Logistik Park Ehrenfeld II“ in der Gemeinde Ohlsdorf keiner UVP-Pflicht unterliegt (geprüft wurden unter anderem die Tatbestände Gewerbepark, Rodung und Errichtung öffentlich zugänglicher Parkplätze oder Parkgaragen). Daraufhin hat die Oö. Umweltanwaltschaft Beschwerde erhoben, im Wesentlichen mit der Begründung, dass bei einer Entnahme von Kies auf Teilbereichen des Betriebsbaugebietes, welcher nicht nur zum Massenausgleich verwendet wurde, nicht mehr von einer einfachen Herstellung eines Bauplanums gesprochen werden kann und somit bei Überschreitung der Schwellenwerte bzw. in Kumulierung mit den Kiesgruben Ohlsdorf-Nord, Ohlsdorf-Nord II, Traunfall und Viecht eine UVP-Pflicht besteht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich sodann in seinem Erkenntnis mit folgenden Rechtsfragen auseinandergesetzt:

Besteht ein einheitliches Vorhaben zwischen Herstellung des Bauplanums und Errichtung des Logistikparks?

Das Gericht stellte fest, dass ein funktioneller Zusammenhang dann angenommen werden könne, wenn ein einheitlicher Betriebszweck vorliegt oder die Verwirklichung des einen Vorhabensteiles die Verwirklichung des anderen erfordert. Im gegenständlichen Verfahren habe die Verwirklichung des Vorhabens der Errichtung eines Bauplanums die Verwirklichung des Projektes Logistikzentrum beeinflusst – ohne Herstellung des Bauplanums konnte das gegenständliche Projekt nicht verwirklicht werden. Die Herstellung des Bauplanums sei für die Errichtung des Logistikzentrums sohin nicht von untergeordneter Bedeutung gewesen, weswegen von einem einheitlichen Vorhaben auszugehen sei.

Stellt die Kiesentnahme im Zuge der Errichtung des Bauplanums eine Entnahme von mineralischen Rohstoffen im Tagbau gemäß Anhang I Z 25 UVP-G dar?

Dazu wurde ausgeführt, dass zu hinterfragen sei, ob durch den Begriff der Entnahme im UVP-G eine bewusste Abkehr vom bergbaurechtlichen Gewinnungsbegriff (Fassung UVP-G BGBl. Nr. 697/1993) eingeführt wurde und somit die Tatbestände der Rohstoffgewinnung nicht auf den Anwendungsbereich des MinroG beschränkt sind. Der gesamte Abschnitt „Bergbau“ des Anhanges I UVP-G beziehe sich in der anzuwendenden Fassung, sprich vor der letzten UVP-Gesetzesnovelle, ausschließlich auf bergbauliche Vorhaben und verwende dabei auch einschlägige Terminologie. Auch Fußnote 5 spräche für eine erforderliche Gewinnungsabsicht. Es sei also vorrangig darauf abzustellen, ob bei Erstellung des Bauplanums der primäre Zweck das Gewinnen von mineralischen Rohstoffen war. Gegenständlich sei unbestritten, dass ausgehobenes Material zur Errichtung des Bauplanums verwendet worden sei. Für eine über die Grenzen eines solchen Bauvorhabens hinausgehende Entnahme von mineralischen Rohstoffen im Tagbau seien ebenso keine Hinweise hervorgekommen wie für eine dahingehende Gewinnungsabsicht. Daran möge auch der Umstand nichts zu ändern, dass darüber hinaus angefallenes Material im Zuge der Bautätigkeiten auch anderweitig verwertet wurde. Eine UVP-Pflicht wurde somit verneint.

Problematisch ist im Hinblick auf diese Entscheidung aus Sicht der Oö. Umweltanwaltschaft der Aspekt, dass unter dem Namen einer Baufeldfreimachung, bspw. für ein Betriebsbaugebiet, ein Materialabbau stattfinden kann, der über die erforderlichen Maße einer Planumsherstellung weit hinausgehen und das Material beliebig abtransportiert und anderweitig verwendet werden kann, solange der primäre Zweck nicht das Gewinnen von mineralischen Rohstoffen ist. Die hiesige „Geländekorrektur“ bedurfte demnach nur einer Anzeige nach der Oö. BauO (Veränderung der Höhenlage einer nach dem Flächenwidmungsplan im Bauland gelegenen Grundfläche um mehr als 1,5 m). Durch eine Baulandwidmung und ein Bauanzeigeverfahren kann somit bei abbauwürdigem Untergrund und entsprechend tiefer Bauplanum-Festlegung ein UVP- und ein MinroG-Verfahren umgangen und Nachbarschafts-, Umwelt- und Naturschutz weitgehend ausgehebelt werden. Eine „Verfahrensbeschleunigung“ der etwas anderen Art.