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UVP-Umfahrung Haid und A1-Anschluss-neu

03. November 2022

Eine neue A1-Anschlussstelle in Ansfelden-Haid soll das Provisorium aus den 1950er-Jahren ersetzen und Haid mit einer neuen Kremstalstraße B139 umfahren und mit der A1 und A25 verknüpft werden. Ein schon lange geplantes, im Sommer 2022 nun UVP-verhandeltes Vorhaben. Dass mehr Straßen mehr Verkehr erzeugen, ist eine Binsenweisheit. Es ist auch nicht denkunmöglich, dass die 2-spurige Umfahrung zukünftig zu einer 4-spurigen mutiert – wenngleich derzeit nicht beantragt. Natürlich wäre es am unkompliziertesten gewesen, einfach „nein“ zu sagen. Mobilitäts-, Klima- und Bodenschutzfragen liegen auf der Hand. Dennoch hat die Oö. Umweltanwaltschaft dem Vorhaben mit entsprechenden Begleitmaßnahmen zugestimmt. Warum?

Planausschnitt A1-Anschlussstelle in Ansfelden-Haid

(Quelle: Asfinag/Land Oö.)

„Historische Altlasten“ - wie ein Autobahnanschluss aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts -  bedürfen einer Neulösung. Darüber hinaus wird nicht einfach neben der alten Kremstal-Bundesstraße eine neue Umfahrung gebaut, sondern die Diagonalsperre auf der bestehenden Kremstal-Bundesstraße ist ein zentrales Element der Verkehrslenkung auf die Umfahrung und stellt eine zentrale Voraussetzung für eine Verkehrsberuhigung im Zentrum von Haid dar. Diese Diagonalsperre ist Teil des Vorhabens. Die alte Kremstalstraße soll zum Teil auch als Trasse für die geplante Straßenbahnverlängerung Traun – Kremsdorf dienen. Neben Ausgleichsmaßnahmen für Lebensräume und Landschaftsbild ist die durch zwei Beschlüsse der Oö. Landesregierung bekräftigte Sicherung und Aufwertung der Sipbachkorridors ein zentrales Ausgleichselement und eine wesentliche Verbindung zwischen Traunauen und Sipbachtal als Hinterland.

Natürlich gibt es auch Wermutstropfen.

Die sind aber nicht (nur) vorhabenbedingt, sondern auch schwachen bis nicht-existenten rechtlichen Regelungen gedankt: beim Klimaschutz und beim Bodenschutz.

Im Bereich Klimaschutz gibt es derzeit keine verbindlichen Festlegungen, auch nicht für den Bereich der Mobilität. Der Klimaschutzbewertung - auch im UVP-Verfahren - fehlt somit derzeit der Bewertungsmaßstab.

Im Rahmen des gegenständlichen Vorhabens könnte zumindest überlegt werden, wie bei einer Umstellung auf Elektro-Mobilität auch für LKWs Vorkehrungen für Oberleitungen geschaffen werden – oder zumindest der entsprechende Seitenstreifen für Masten und Kabelführungen vorgesehen werden. Verwiesen wird auf den Testbetrieb des E-Highways auf der A1 in Schleswig-Holstein bzw. den Testbetrieb auf der A5 in Mitteldeutschland für Hybrid-LKWs.

Aus Sicht der Oö. Umweltanwaltschaft sind – neben der im Projekt vorgesehenen Sicherung des Sipbach-Korridors – auch raumordnerische Maßnahmen zur Sicherung der Grünlandnutzung westlich der Trasse notwendig: beispielsweise die Ausweisung eines Grünkorridors (Landschaftskorridors). Dies ist aber im Rahmen des Bewilligungsverfahrens – da andere Behörde – nicht möglich.

Beim Bodenschutz sieht es nicht rosiger aus: In der Betriebsphase werden rund 14,1 ha beansprucht. Derzeit ist projektseitig die Rekultivierung bestehender Wege und Straßen (rd. 1,4 ha Entsiegelung von versiegelten Flächen) vorgesehen.

Der genannte Gesamtflächenbedarf beider Vorhaben (AST Traun und Umfahrung Haid) beträgt etwa 35,1 ha: Natürliche Bodenstandorte rund 27,4 ha, Waldflächen rund 3 ha, weitere Nutzungen (Siedlungen, Verkehr etc.) rund 4,7 ha. Ein Konzept und weitere Maßnahmen zur Begrenzung bzw. Kompensation der Bodenversiegelung fehlen. Als Zielwert gibt die Bundesregierung 2,5 ha pro Tag bzw. 9 km² pro für das Jahr 2030 vor. Der 3-Jahres-Mittelwert des Bodenverbrauchs liegt derzeit bei 42 km² pro Jahr.

Die Zielerreichung wäre also ein Viertel des derzeitigen Bodenverbrauchs. Umgelegt auf das gegenständliche Vorhaben wären 27 ha beim gegenständlichen Projekt durch Entsiegelungen zu kompensieren.

Solche Kompensationsmaßnahmen könnten unter anderem Festlegungen über die Gestaltung der Straßenbahntrasse auf der alten Kremstalstraße (zB. als extensive Rasenfläche, wie derzeit auf den baulich getrennten Straßenbahntrassen in Linz üblich) oder die Entsiegelung der Restflächen der früheren Auf- und Abfahrten der AST Traun, oder die Dachbegrünung auf öffentlichen Gebäuden im weiteren Umfeld, oder nötigenfalls die Schaffung vertikaler, „belebter Oberflächen“ im Zuge des Lärmschutzes, oder zur besseren Kammerung der Landschaft (Sichtverschattungen Landschaftsschutz) sein.

Verwiesen wird auf den Entschließungsantrag des EU-Parlaments vom 21.04.2021 zum Bodenschutz (2021/2548), die Bodenstrategie 2030 der EU-Kommission (2021), A European Green Deal | European Commission (europa.eu) (https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal_en), das Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council establishing a framework for the protection of soil and amending Directive 2004/35/EC, COM/2006/0232 final - COD 2006/0086  und das SEC(2006)620, Commission Staff Working Document, Impact Assessment of the Thematic Strategy on Soil Protection.

Auf Basis des Art 191 des „Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV oder AEU-Vertrag)“, der „EU-Bodenstrategie für 2030“ der Europäischen Kommission vom 17.11.2021, des Abschlussberichtes zu „UVP-Änderungsrichtlinie 2014/52/EU und Klimawandel“, der „UVP-Änderungsrichtlinie 2014/52/EU2“, des „ÖREK 2030-Umsetzungspakt ‚Bodenstrategie für Österreich‘(2021)“, der Umsetzung der Agenda 2030 (Sustainable Development Goals (SDGs) und den Zielen der Bundesregierung zur Reduktion des Bodenverbrauchs auf ein Viertel des derzeitigen Bodenverbrauchs hat die Oö. Umweltanwaltschaft ihre Forderung nach Kompensation der 75% der dauerhaft versiegelten Flächen durch die beiden Vorhaben gestellt. Man könnte angesichts aller dieser Strategien, Entschlüsse, Proklamationen und Berichte meinen, dass der Bodenschutz Kaiser ist. Es sind aber nur des Kaisers neue Kleider und der Bodenschutz ist – noch immer – rechtlich nackt.

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