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Kurz angemerkt

28. Mai 2025

Die unheimliche Macht der Gewohnheit: Routinen „sparen Energie“, verringern auch bestimmte Risiken und sind bequem.  Unser Gehirn tickt so und würde am liebsten alles in Gewohnheiten umwandeln. Routinen prägen unseren Alltag und unsere täglichen Aktivitäten als Gewohnheiten. Das nimmt viele Mikroentscheidungen ab und sorgt für Stabilität und weniger Stress im Leben.

Martin Donat

(Quelle: Oö. Umweltanwaltschaft)

Mit der Anzahl der Entscheidungen – und das sind bewusst wie (großteils) unbewusst angeblich jeden Tag ca. 20.000 – werden wir zunehmend entscheidungsmüde, nicht selten sind Menschen durch diese Vielzahl schlichtweg überfordert. Mit dem Resultat, dann gar keine oder impulsive Entscheidungen zu treffen, die mitunter hinterher bereut werden.

Der Ruf nach „Deregulierung“ setzt hier einen Kontrapunkt. Die unbestrittene Intention, auch eine ganze Reihe von ungesunden Gewohnheiten zu durchbrechen, sollte aber das Kind nicht mit dem Bad ausschütten. Abläufe zu hinterfragen und zu adaptieren ist nicht dasselbe wie die im Barock beliebte Kunst des Formgehölze Schneidens. Denn Standardvorgaben und rechtliche Regelungen vereinfachen auch Abläufe und ermöglichen sachliche Entscheidungen ohne überbordende Einbeziehung einer Vielzahl von Fachmeinungen.

So wäre ein erster Schritt zu fragen, ob tradierte Zuteilungen von Fachbereichen und Kompetenzen noch den eigentlichen Zweck der Zielerreichung erfüllen. Wenn z.B. im UVP-Verfahren der Boden auf dem Acker, der Boden im Wald und der Boden im Siedlungsbereich separat begutachtet wird, mag das kameralistisch nicht unlogisch sein, es geht aber um den Boden als Schutzgut insgesamt und der weiß nichts von dieser organisatorischen Dreiteilung. Und am Ende wozu? Beim Boden gibt es letztlich keine einzige verbindliche Regelung über den Bodenverbrauch. Es ist ein wenig so wie in der Verhaltensforschung bei Graugänsen: Sie rollen das Ei mit dem Hals zurück ins Nest, und führen den Vorgang auch zu Ende, wenn man ihnen während des Vorgangs das Ei weggenommen hat.

Auch die strikte Trennung zwischen quantitativem und qualitativem Bodenschutz ist dem Boden nicht erklärbar, denn wenn der Boden einmal weg ist, dann ist es aus mit der Qualität. Und warum der Boden im Naturschutz- oder Forstrechtsverfahren mit Ökologie gar nichts zu tun haben scheint, erschließt sich fachlich auch nicht unmittelbar. Denn Aspekte des ökologischen Verbundsystems des Bodens haben in den „Öko-Verfahren“ derzeit keinen Platz und eine Diskussion über die (kumulative) Zerschneidungswirkung durch Forststraßen auf den Bodenverbund und den Landschaftswasserhaushalt würde nur völliges Unverständnis auslösen.

Auch bei der Frage des „Wasser in der Landschaft Haltens“, der Verzögerung des Ablaufs von Niederschlagswässern, des Rückhalts von (Fein-)Sedimenten und Nährstoffen, gibt es durchaus breites Verständnis – das mit einem heißen Sommer wegen drohender Dürre und mit Starkregenereignissen wegen der drohenden Überschwemmungen im „Bedarfsfall“ zusätzlich sprunghaft ansteigt. Beim Hochwasserschutz werden (sinnvoller Weise) zentrale Rückhaltebecken gefördert, der Wasserrückhalt in der Landschaft z.B. als Ergänzungsmaßnahme findet mangels Förderansatz aber derzeit keine Beachtung. Für viele Gemeinden ist der Mindest-Grünflächenanteil – als Maßnahme für die Regenretention, die sommerliche Kühlung und die Wohnqualität - im Bebauungsplan noch ein Fremdwort. Und so könnten manche zentralen Regulierungen sinnvoll sein, um sich viele nachfolgende „reparierende“ Regulierungen und Festlegungen zu ersparen.

Und so gibt es viele andere Bereiche, in denen es wert wäre, die Abläufe nach den Zielen und der Zielerreichung zu restrukturieren, und nicht – wie im Barock beliebt – mit der Gartenschere dort und da die Realität – nach Gusto - zurecht zu trimmen.

Martin Donat

Oö. Umweltanwalt