Ministerialentwurf betreffend Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) Stellungnahme der Oö. Umweltanwaltschaft: Klima- und Naturschutz müssen Hand in Hand gehen.
12. Dezember 2025
Der Entwurf zum EABG verspricht schnelle Genehmigungen, riskiert aber Rechtsunsicherheit und eingeschränkte Öffentlichkeits-Beteiligung. Statt echter Beschleunigung droht ein Abbau von Umweltstandards zugunsten kurzfristiger Ausbauziele.

(Quelle: ©Land Oberösterreich)
Um die Details des gegenständlichen Ministerialentwurfs besser verstehen zu können, erfolgen zunächst ein paar Ausführungen zur RED III:
Was ist die Red III?
Die RED III ist die dritte Novelle der EU‑Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien. Sie wurde 2023 beschlossen und bildet die europarechtliche Grundlage für die beschleunigte Energiewende. Da es sich um eine Richtlinie handelt, müssen die Mitgliedstaaten die Vorgaben erst in nationales Recht übertragen. Genau hier liegt die Herausforderung: Bei der Umsetzung besteht die Gefahr, dass Umweltstandards abgesenkt und Prüfpflichten aufgeweicht werden. Damit könnte die RED III dem Klimaschutz sogar schaden. Umso wichtiger ist es, dass die nationale Umsetzung ökologische Leitplanken setzt und Ausnahmen so gestaltet werden, dass Klimaschutz und Energiewende gleichermaßen gestärkt werden und der Schutz der Biodiversität nicht den Bach hinunter geht.
In Österreich wird beim Entwurf zum Erneuerbaren‑Ausbau‑Beschleunigungsgesetz (EABG) von „Golden Plating“ gesprochen, weil die nationale Umsetzung über die Mindestvorgaben der RED III deutlich hinausgeht.
Was ist eine Ausschlusszone, was ist ein Beschleunigungsgebiet?
Die RED III enthält klare Vorgaben zur Gebietsausweisung für den Ausbau erneuerbarer Energien. Ziel ist, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, ohne sensible Naturräume zu gefährden.
Durch die formelle Gebietsausweisung können die vorgesehenen Verfahrensvereinfachungen und -verkürzungen im Anlagenrecht rechtssicher zur Anwendung kommen.
In Oberösterreich gibt es aktuell keine ausgewiesenen Ausschlusszonen, neutrale Zonen und Beschleunigungsgebiete im Sinne der RED III, Verordnungen dazu sind jedoch in Begutachtung.
Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz - EABG
Mit dem EABG soll die RED III in Österreich umgesetzt werden und als Ziel den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen. Es ist ein vollkonzentriertes Genehmigungsverfahren - auch unterhalb der UVP‑Schwellenwerte - geplant, die Anwendung einer zentralen elektronischen Kundmachung, Online‑Verhandlungen sowie Hinzufügen von verschiedenen neuen Verfahrensarten. Zudem schafft es die Grundlage für einen integrierten Netzinfrastrukturplan, Trassenfreihaltungsverordnungen und die Festlegung von Erzeugungsrichtwerten.
Das Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus erarbeitete diesen Entwurf zum Gesetz und es bestand die Möglichkeit eine Stellungnahme in der Begutachtungsfrist bis zum 21.10.2025 abzugeben. Die Oö. Umweltanwaltschaft übermittelte dazu eine Stellungnahme.
Zusammenfassend gibt es aus Sicht der Oö. Umweltanwaltschaft Kritikpunkte zur überschießenden Umsetzung der Richtlinie insbesondere durch die extensive Auslegung des Vorhabensbegriffes, der allgemeinen Kompetenzproblematik und im Besonderen in Bezug auf das Raumordnungsrecht. Zudem empfehlen wir, dass Kleinwasserkraftanlagen gänzlich aus dem Anwendungsbereich des EABG gestrichen werden sollen, da mit dem Ausmaß des Eingriffes in die Natur zur tatsächlichen Energieeffizienz keine Verhältnismäßigkeit gegeben ist.
Österreich hat sich mit der Alpenkonvention verpflichtet, die nachhaltige Entwicklung und den Schutz des Alpenraums sicherzustellen. Der EABG-Entwurf ignoriert diese Verpflichtung. Der Alpenraum ist natur- und landschaftsschutzfachlich besonders wertvoll, ökologisch sensibel und daher anfällig für Eingriffe. Ohne Berücksichtigung der Alpenkonvention drohen massive Auswirkungen auf Biodiversität und Landschaftsschutz. Wir fordern daher die Einhaltung dieses nationalen Übereinkommens.
Der Entwurf zum EABG sieht außerdem die Einführung mehrerer neuer Verfahrensarten vor. Wir schlagen daher vor, dass sich die Verfahrensarten auf ein ordentliches und ein vereinfachtes Verfahren beschränken sollen. In beiden Verfahrensarten soll das Modell des konzentrierten Verwaltungsverfahrens wie im § 24 EABG-Entwurf vorgesehen, ähnlich dem Modell AWG 2002 angewendet werden. Dabei wird nicht in Länderkompetenzen eingegriffen und gleichzeitig das One-Stop-Shop Prinzip verwirklicht und Parteienrechte nicht ausgehöhlt. Die Verfahrensart der Freistellungen soll aufgrund der oben dargelegten rechtlichen Bedenken ersatzlos entfallen.
Im derzeitigen Entwurf sind Parteienrechte für Umweltstellen nur im ordentlichen Verfahren vorgesehen. Weder im vereinfachten Verfahren, Anzeigeverfahren und auch bei Freistellungen ist die Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen. Wir fordern daher die Einräumung von Parteienrechten im ordentlichen als auch in den vereinfachten Verfahren.
Fazit und Ausblick
Die RED III soll den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen. Entscheidend ist jedoch die konkrete Umsetzung. Derzeit nutzt der Bund die Richtlinie als Vorwand, um bestehende Verfahren zu deregulieren und dabei Naturschutz sowie Beteiligungsrechte zu schwächen. Dem Klima ist wenig geholfen, wenn Projekte im Schnellverfahren durchgedrückt werden, während wertvolle Lebensräume und Kohlenstoffspeicher unwiederbringlich verloren gehen. Nur starke Umweltverfahren ermöglichen es, alle Ziele zu vereinen: die sichere Deckung des Energiebedarfs und den wirksamen Schutz der Natur.
Die Oö. Umweltanwaltschaft zeigt auf, dass der Entwurf des EABG gegen internationale Verpflichtungen, wie insbesondere gegen die Alpenkonvention, gegen die Aarhus-Konvention, gegen die FFH-Richtlinie, gegen die Vogelschutzrichtlinie, gegen die Wasserrahmenrichtlinie und gegen die EU-Renaturierungsverordnung verstößt. Die Berücksichtigung der Schutzinteressen dieser Konventionen ist jedoch essenziell, damit der Ausbau von erneuerbaren Energien nicht zulasten des Naturhaushaltes und der Biodiversität erfolgt und damit einhergehend die angestrebte Klimawende konterkariert wird.
Das Ziel einer einheitlicheren und praktikableren Abwicklung energierechtlicher Verfahren wird voll anerkannt, jedoch weist der gegenwärtige Entwurf wesentliche Ungereimtheiten und auch für
Projektwerber Rechtsunsicherheiten auf – sowohl rechtlicher als auch fachlich praktischer Art.
Die Oö. Umweltanwaltschaft hält daher
- die Reduktion auf zwei Verfahrensarten (vereinfachtes und ordentliches Verfahren),
- die kompetenzrechtlich saubere One-Stop-Shop-Verfahrenskonstruktion nach dem
- Modell des AWG 2002,
- die Überarbeitung des Schwellenwertkonzepts (Anhang 1)
- verfahrenstechnische Ergänzungen (Screening, Kriterienkatalog) und
- rechtliche Korrekturen zur unionrechtskonformen Umsetzung (Interessensabwägung) und
- den faktischen ökologischen Ausgleich mit entsprechender Umsetzungsstruktur
für notwendig, sinnvoll und machbar.
Durch die aktuelle Gesetzesinitiative besteht das hohe Risiko, dass die jahrzehntelangen unionsweiten und mitgliedstaatenübergreifenden Bemühungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Vogelschutz- und der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie sowie der Wasserrahmenrichtlinie zunichte gemacht werden und die künftige Umsetzung der EU-Renaturierungsverordnung erheblich erschwert wird.
Derzeit werden die eingelangten Stellungnahmen im Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus gesichtet und geprüft.
Es bleibt zu hoffen, dass das finale Gesetz entsprechend adaptiert beschlossen wird.
Ein ergänzender Gedanke zum Abschluss:
Das EAG-Ziel ist die Steigerung der jährlichen Stromproduktion aus EE-Quellen bis zum Jahr 2030 um 27 TWh (Basisjahr 2020). 27 TWh entsprechen etwa dem Stromverbrauch von 7 – 8 Millionen Haushalten. Der digitale Mehrbedarf droht diesen Ausbau aufzufressen. Der geplante Ökostrom‑Zubau von 27 TWh bis 2030 könnte durch neue digitale Technologien teilweise aufgezehrt werden, statt fossile Energien zu verdrängen. Ohne klaren Effizienzvorgaben und langfristiger Standortpolitik droht dabei die Energiewende zum Nullsummenspiel zu werden.
Die Energiewende kann damit nur dann erfolgreich sein, wenn der notwendige Ausbau erneuerbarer Energien nicht im Widerspruch zum Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen steht. Beschleunigung und Naturschutz müssen als zwei Seiten derselben Medaille verstanden werden: Nur wenn wir Verfahren effizient gestalten und gleichzeitig ökologische Standards sichern, entsteht eine Energiewende, die nachhaltig, akzeptiert und zukunftsfähig ist.
21. Oktober 2025
Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) - Stellungnahme zum Entwurf
Quelle: Oö. UmweltawaltschaftEine einheitlichere und praktikablere Abwicklung energierechtlicher Verfahren ist sinnvoll, jedoch weist der gegenwärtige Entwurf des EABG wesentliche Ungereimtheiten und Rechtsunsicherheiten auf – sowohl rechtlicher als auch fachlich praktischer Art.
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