Schutzgut Fläche und Boden im betrieblichen Umfeld – gelungene Beispiele aus der Praxis
12. Dezember 2025
Österreich liegt im Flächenverbrauch im europäischen Spitzenfeld. Mehr als 17% des Siedlungsraums werden durch Siedlungs-, Verkehrs- und Freizeitzwecke beansprucht. Rund 53% davon sind versiegelt. Wir zeigen Beispiele für zeitgemäßen Bodenschutz.

(Quelle: ©go asset-arinco)
Österreich liegt im Flächenverbrauch im europäischen Spitzenfeld. Laut neuestem ÖROK-Monitoringbericht beträgt im Jahr 2025 die gesamte Flächeninanspruchnahme für Siedlungs-, Verkehrs-, Freizeit-, Erholungs-, Ver- sowie Entsorgungszwecke (die durch menschliche Eingriffe so weit verändert und/oder bebaut sind) bei 5.681 km². Damit sind mehr als 17 % unseres Dauersiedlungsraumes beansprucht. Rund 53 % der in Anspruch genommen Flächen wurden versiegelt, wobei für diesen hohen Anteil primär Verkehrs- und Siedlungsflächen verantwortlich sind.
Zwar ist die durchschnittliche tägliche Flächeninanspruchnahme (vorwiegend wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage) von 11 ha (2019 bis 2022) auf 6,7 ha (2022-2025) zurückgegangen. Vom übergeordneten Ziel, den Flächenverbrauch bis zum Jahr 2030 auf 2,5 ha zu reduzieren, sind wir noch weit entfernt.
Allein in Oberösterreich werden täglich 1,2 ha beansprucht. Der versiegelte Anteil aller in Anspruch genommener Flächen liegt in OÖ bei rund 56 %. Diese Flächen (insbesondere die versiegelten Flächen) wurden der Land- bzw. Forstwirtschaft entzogen und stehen als natürlicher Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Pilze nicht mehr zur Verfügung. Mit dem Verlust dieser wichtigen Bodenfunktionen geht auch ein Rückgang lebensnotwendiger Ökosystemleistungen einher, der Mensch und Natur gleichermaßen betrifft.
UVP-G Novelle 2023
Mit der UVP-G-Novelle 2023 wird nun verstärkt dem Bodenschutz und einer Reduktion der Flächeninanspruchnahme Rechnung getragen. Dies erfolgt auf der einen Seite durch die verpflichtende Einführung des Bodenschutzkonzeptes, auf der anderen Seite durch zusätzliche bzw. geänderte Tatbestände (vgl. dazu Anhang 1 UVP-G 2000 idgF), wie Neuversiegelungen für Industrie- oder Gewerbeparks, Logistikzentren, Einkaufszentren und Parkplätze „auf der grünen Wiese“. Ziel der neuen Tatbestände ist es, Verlust von Böden und Flächen zu verringern und den Schutz von besonders fruchtbaren Böden (aber auch den Schutz der Biodiversität) zu forcieren.
Die Oö. Umweltanwaltschaft wurde aufgrund der neuen UVP-Bestimmungen bereits mit mehreren Vorhaben konfrontiert und möchte folgende Beispiele kurz vorstellen:
Logistikzentrum Kronstorf:
In der Gemeinde Kronstorf soll ein Logistikzentrum mit einer Größe von knapp über 9 ha errichtet werden. Aufgrund der UVP-G-Novelle 2023 war für dieses flächenintensive Vorhaben (Tatbestand Logistikzentrum) im Einzelfall festzustellen, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist.
Das ursprünglich vorgelegte Projekt hätte eine Versiegelung von 6 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche durch Gebäude, Verkehrs- und Abstellflächen verursacht. Zu prüfen war, ob bei Errichtung dieses Logistikzentrums in der erwähnten Größenordnung und dem damit einhergehenden Flächenverbrauch (inkl. Versiegelung) eine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht.
Neben dem Verlust von belebtem Boden und landwirtschaftlicher Nutzfläche waren die Sicherstellung der Ernährungssicherheit und der damit verbundene Schutz von besonders fruchtbaren Böden, der Schutz der Biodiversität und die Thematik Klimawandelanpassung zu prüfen.
Im Zuge mehrerer Gespräche mit den Projektbetreibenden wurde auf Verlangen der Oö. Umweltanwaltschaft das Vorhaben in wesentlichen Grundzügen verbessert.
Zentrale Elemente stellen nun die vollflächige Ausführung aller Dächer in Form von Solar-Gründächern (PV-Nutzung inkl. extensives Gründach), die Reduktion der versiegelten Flächen auf das unbedingt erforderliche Ausmaß und die naturnahe Ausgestaltung aller übrigen Grünflächen (zB.Sickermulden, Randstreifen und Naturzonen) dar. Die tatsächlich versiegelte Fläche konnte damit auf unter 2,5 ha reduziert werden. Zusätzlich wurde ein nachvollziehbares Bodenschutzkonzept samt Zustimmungserklärung aller betroffenen Grundstücksbesitzer und -besitzerinnen vorgelegt.
Sowohl die Oö. Umweltanwaltschaft als auch die UVP-Behörde kamen schlussendlich (nach Durchführung der Einzelfallprüfung gem. UVP-G) zum Ergebnis, dass durch das Logistikzentrum keine erheblichen, schädlichen oder belastenden Auswirkungen auf die Schutzgüter Fläche und Boden zu erwarten sind.
Logistikzentrum Ennshafen:
In der Stadtgemeinde Enns soll ein Logistikzentrum mit einer Größe von knapp über 4 ha errichtet werden. Aufgrund der UVP-G-Novelle 2023 ist für flächenintensive Vorhaben auf sehr hochwertigen Böden im Einzelfall festzustellen, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei.
Das ursprünglich vorgelegte Projekt hätte eine Versiegelung von über 3 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche durch Gebäude, Verkehrs- und Abstellflächen bedingt. Zu prüfen war, ob durch die Errichtung dieses Logistikzentrums mit dem einhergehenden Flächenverbrauch (inkl. Versiegelung) eine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht.
Im Zuge mehrerer Gespräche mit den Projektbetreibenden wurde auf Verlangen der Oö. Umweltanwaltschaft das Vorhaben in wesentlichen Grundzügen verbessert.
Zentrale Elemente der abgeänderten Einreichunterlagen stellen nun die vollflächige Ausführung aller Dächer in Form von extensiven Gründächern (inkl. PV-Nutzung auf einem der beiden Dächer), die Reduktion der versiegelten (Verkehrs-)Flächen auf das unbedingt erforderliche Ausmaß und die naturnahe Ausgestaltung aller übrigen Grünflächen dar. Die tatsächliche Versiegelung konnte durch die abgeänderten Planungen auf deutlich unter 2,5 ha reduziert werden.
Auch bei diesem Vorhaben konnte die Oö. Umweltanwaltschaft das Vorhaben in eine positive Richtung lenken, sodass durch das Logistikzentrum keine erheblichen, schädlichen oder belastenden Auswirkungen auf die Schutzgüter Fläche und Boden mehr zu erwarten sind.
Rechenzentrum Kronstorf:
Das Rechenzentrum in Kronstorf wurde bereits im Jahr 2020 einer UVP-Prüfung unterzogen mit der Feststellung, dass mangels Tatbestand keine UVP erforderlich ist. Die Oö. Umweltanwaltschaft wurde in den Vorbereitungen zum Bauverfahren intensiv eingebunden.
Der konkreten Ausgestaltung des Vorhabens gingen jahrelange Gespräche voraus. Sowohl die Gemeinde Kronstorf, als auch die Oö. Umweltanwaltschaft forderten über die Jahre hinweg konsequent eine zeitgemäße Ausgestaltung des (sehr großen) Vorhabens ein. Im Jahr 2024 wurde schlussendlich ein Büro für Landschaftsplanung mit der Erstellung einer landschaftsökologischen Begleitplanung beauftragt. Nach mehreren Verhandlungsrunden konnte man sich auf ein zeitgemäßes landschaftsökologisches Konzept einigen.
Von der durch das Rechenzentrum in Anspruch genommenen Gesamtfläche von 24 ha entfallen ca. 6,5 ha auf Gebäude, rund 4 ha auf Verkehrsflächen (versiegelt), 2 ha auf versickerungsfähige Schotteroberflächen. Alle Dachflächen werden nun extensiv begrünt und für eine PV-Nutzung ausgelegt. Die Schotterflächen werden in Form von Blumenschotterrasen hergestellt.
Die Restflächen im Ausmaß von ca. 12 ha werden großteils als Blumenwiese angelegt (davon naturnahe Sickermulden ca. 7.500 m², Biotopteich ca. 850 m² und weitere Biotopstrukturen im Ausmaß von 3.000 m²). Ergänzend dazu werden rund 200 standortgerechte und heimische Laubbäume und eine Vielzahl an Sträuchern gepflanzt.
Das Beleuchtungskonzept wurde auf das unbedingt erforderliche Ausmaß hin reduziert und wird bedarfsbezogen betrieben.
Für die erfolgreiche Umsetzung dieses großen Vorhabens wurden von der Oö. Umweltanwaltschaft sowohl eine Umweltbaubegleitung, als auch eine Umweltbauaufsicht eingefordert.
Resümee dieser positiven Beispiele:
Die Novelle zum UVP-G 2023 unterstützt die Schutzinteressen für Fläche und Boden, allerdings nur für die im Anhang 1 des UVP-G angeführten Tatbestände (samt zugehöriger Schwellenwerte). Für eine Vielzahl an ähnlich gelagerten Vorhaben fehlen im UVP-G entsprechende Tatbestände. Im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes muss auch für andere größere Betriebe (mit ähnlichem Flächenverbrauch und ähnlichen Umweltauswirkungen) eine Regelung im Rahmen des UVP-G gefunden werden.
Dass sich betriebliche Entwicklung, Bodenschutz und Ökologie zu guten Lösungen verbinden lassen, zeigen die oben dargestellten Vorhaben. Eine Nachahmung bei anderen Vorhaben – auch abseits von UVP-prüfpflichtigen Vorhaben ist möglich und praktisch machbar (vgl. dazu Rechenzentrum Kronstorf). Entscheidend ist der Wille von Auftraggeberseite und die Unterstützung durch die jeweilige Standortgemeinde. Unter Zuhilfenahme eines fachlich versierten Planungsbüros (zB. für Landschaftsplanung, Landschaftsökologie, Biologie, etc.) können zeitgemäße Vorhaben geplant und auch umgesetzt werden.
Solche gut geplanten Vorhaben entsprechen den Vorgaben der österreichischen Biodiversitätsstrategie, berücksichtigen bereits die Ansprüche aus der EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur und nehmen selbstverständlich Rücksicht auf seltene Tier- und Pflanzenarten. Damit erlangt man auch eine höhere Zustimmung in der Bevölkerung und verfügt über ausreichend Material für die Nachhaltigkeitsberichtserstattung.
Die wichtigsten Planungsansätze sind eine flächensparende Bauweise, sowie die umweltgerechte bzw. biodiversitätstaugliche Gestaltung der Gebäude und Außenflächen. Dazu gehören insbesondere folgende Planungsgrundsätze:
- Versiegelung von so wenig Flächen wie möglich und Versickerung der Niederschläge auf dem Grundstück.
Prüfung der Möglichkeit zur Entsiegelung.
- Nutzung der Dächer als Wasserspeicher, Klimaanlagen, Solarkraftwerk und Lebensraum. Dachbegrünung und
Photovoltaik ergänzen sich zum gegenseitigen Vorteil.
- Pflanzung von Bäumen und Sträuchern. Bäume sind perfekte Klimaanlagen, die nahezu wartungsfrei und
selbststeuernd funktionieren. Gleichzeitig sind sie Lebensraum für zahlreiche Tiere.
- Anlage von natürlichen Wiesenflächen. Einmal oder zweimal gemähte Wiesen bringen eine hohe
Artenvielfalt hervor, wenn das Mähgut nach der Mahd abtransportiert wird.
- Verzicht auf den Einsatz von synthetischen Düngemitteln und Pestiziden.
- Keine Dauerbeleuchtung des Betriebsgeländes. Einsatz der Aussenbeleuchtung bedarfsgesteuert.
- Erstellung eines Bodenschutzkonzepts, welches sich mit der fachgerechten Verbringung des
Überschussmaterials auseinandersetzt.
Diese und viele weitere Praxistipps enthält das Handbuch Biodiversität im Betrieb, das in gebundener Ausgabe kostenlos bei der Oö. Umweltanwaltschaft bezogen werden kann. Darin finden Sie zahlreiche praxiserprobte Vorschläge für eine zeitgemäße Ausgestaltung von Gebäuden und Betriebsarealen, die auch in anders genutzten Siedlungsräumen anwendbar sind.
23. September 2025
Biodiversität im Betrieb
Quelle: Mag. Edith KalsFoliendach, Asphaltflächen und zwei Säulenbäumchen im Eingangsbereich: diese Form der Gestaltung von Betrieben gehört der Vergangenheit an. Die Broschüre "Biodiversität im Betrieb" zeigt auf, wie zeitgemäße Gestaltung von Betrieben aussieht.
Broschüre - Biodiversität im Betrieb (4,01 MB)